Im April 2016 war Moritz Böhringer der erste nicht-amerikanische Spieler ohne vorherigen Besuch eines US-Colleges, dem über die NFL-Draft der Sprung in die NFL gelungen war. In der aktuellen U-MAG-Ausgabe erzählt er von seinen Erfahrungen aus der NFL und über seine Pläne für die Zukunft. Das ganze U-MAG findet man zum Download unter NEWS/UMAG auf unserer Homepage.  

 

Nach vier Jahren in den Practice-Squads der Minnesota Vikings und der Cincinnati Bengals kam Moritz im vergangenen Winter zurück nach Deutschland um sein damals unterbrochenes Studium fortzusetzen. Aktuell absolviert er ein Praktikum beim Unicorns-Partner OPTIMA und spielt wieder bei den Unicorns Football. Wir wollten mehr vom Ex-NFL-Profi Böhringer erfahren und haben uns mit Moritz unterhalten.  

 

U-MAG: Du hast fünf Jahre Football in der NFL hinter Dir, allerdings ohne ein Spiel. Wie fühlt es sich an, bei den Unicorns jetzt wieder auf dem Feld zu stehen?

Moritz Böhrnger: Ein Spiel macht natürlich immer mehr Spaß als Training, auch wenn das Training in der NFL intensiver war, als das Spiel am vergangenen Freitag (Anm. d. Red.: Das Interview wurde kurz nach dem GFL-Saisonauftakt gegen Ravensburg geführt). Training ist aber immer etwas monoton, spielen ist schon viel besser.

 

Vor Deiner Rückkehr jetzt warst Du 2015 das letzte Mal Teil des Unicorns-Teams. Wie haben sich die Unicorns aus Deiner Sicht seither weiterentwickelt?

Wir haben mehr Trainer und mehr Spieler als damals und wir sind besser organisiert. Außerdem sind wir jetzt im Fernsehen. 2015 hatten wir nur Internetradio und noch nicht einmal einen Livestream.

 

Und wie hast Du Dich in dieser Zeit weiterentwickelt?

Vielleicht bin ich etwas offener geworden und rede mehr mit den Leuten, weil ich mehr reden musste (lacht). Footballtechnisch habe ich natürlich viel dazu gelernt. Da hatte ich vorher nicht so viel Ahnung. Einfach gesagt: Ich bin halt gerannt und habe den Ball gefangen.

 

Wie erinnerst Du Dich an Deine Draft und welche Erfahrungen waren da für Dich wichtig?

Die Draft war in erster Linie einfach mal ein cooles Erlebnis. Wenn man in einer relativ späten Runde gedraftet wird, dann ist es für einen Spieler aber fast das gleiche, wie wenn man undrafted Free Agent ist. Am meisten hat meine Draft wohl dem danach von der NFL etablierten International-Pathway-Programm geholfen, weil man meine Draft im Prinzip als Start dafür genommen hat. Man hatte an meinem Beispiel gesehen, dass man internationale Spieler sogar draften kann.

 

Am Anfang war natürlich alles neu und aufregend für Dich. Hast Du Dich mit der Zeit an alles gewöhnt?

Ja, denn die Abläufe sind ja in jedem Jahr die gleichen. Im ersten Jahr hatte ich noch Angst vor den Cuts in der Preseason, aber auch das legt sich über die Zeit. Man lernt: Naja, wenn es hier nicht klappt, dann klappt es ja vielleicht in einem anderen Team.

 

Wo hast Du Dich wohler gefühlt, in Minnesota oder in Cincinnati?

In Cincinnati fand ich die Teamkollegen besser. Dort haben wir öfter mal was in den Positionsgruppen zusammen gemacht. In Minnesota waren es mehr Einzelgänger.

 

Wie muss man sich den Alltag eines NFL-Spielers vorstellen? Schlafen, essen, trainieren, essen und wieder schlafen – oder doch etwas anders?

Das hängt stark von der Phase im Jahr ab. In der Offseason kann man eigentlich machen was man will und ich war da die meiste Zeit in Florida um zu trainieren. In den Trainingscamps der Preseason heißt es dann wirklich Football von morgens bis abends und man hat keine Zeit für irgendwas anderes. Man kommt um 22:00 Uhr ins Bett und darf um 6:00 Uhr wieder auf der Matte stehen. Während der Saison war es für mich dann wieder etwas entspannter, weil ich nicht im Spiel dabei war. So war zumindest der Sonntag ein freier Tag für mich.

 

Du hast den Footballtraum gelebt und bist ein Vorbild für viele junge, deutsche Footballer, die von der NFL träumen. Was würdest Du diesen Jungs raten?

Sie sollten versuchen in einer Highschool zu spielen und ein College-Stipendium zu bekommen. Das ist immer noch der beste Weg um in dem System in den USA Fuß zu fassen. Dort wird man perfekt auf die NFL vorbereitet.

 

Das heißt, es gibt immer noch eine große Lücke zwischen der Football-Ausbildung in Deutschland und dem Schulsystem in den USA?

Ja, denn spätestens im College machen die Teams fast dasselbe wie die NFL-Teams, zum Beispiel sehr lange Trainingscamps. Sowas ist in Deutschland nicht umsetzbar.

 

Dein Alltag in der NFL ist Geschichte. Wie sieht Dein Alltag denn jetzt aus?

Ganz normal. Ich stehe auf, gehe zur Arbeit im Rahmen meines Praktikums bei OPTIMA und danach ins Fitnessstudio oder ins Training.

 

War die Umstellung von einem Football-bestimmten Tagesablauf auf einen normalen Arbeitstag schwierig für Dich?

Schwierig nicht, aber acht Stunden Sitzen fallen mir schon schwerer, als die viele Bewegung und sich ständig abwechselnde Trainingseinheiten.

 

Weißt Du denn schon, wie Deine zukünftige Arbeit nach Deinem Maschinenbau-Studium aussehen wird?

Keine Ahnung. Ich will erstmal mein Studium fertig machen und dann schau ich mal weiter. Abwechslung im Job wird aber sicher immer wichtig für mich sein.

 

Willst Du nach Deinem Studium wieder zurück in die USA gehen?

Ja, es ist auf jeden Fall ein Teil meines Plans, irgendwann wieder zurück zu gehen.

 

Warum?

Zum Einen wegen meiner amerikanischen Freundin, die ich vor knapp einem Jahr kennengelernt habe, und zum Andern weil es mir dort sehr gut gefällt.

 

Welche Ziele hast Du Dir für die Saison 2021 gesteckt – persönlich und für das Team?

Persönlich will ich auf dem Feld nicht dumm aussehen (lacht) und Spaß am Football haben. Für das Team ist mein Ziel ganz klar den German Bowl zu gewinnen.

 

Fühlst Du Dich unter einem besonderen Druck weil es besondere Erwartungen an den Ex-NFL-Profi Böhringer gibt?

Nein, bislang auf jeden Fall nicht. Ich muss da auch nicht ständig im Rampenlicht stehen. Es ist für mich auch ok, wenn sich die Gegner auf mich konzentrieren und dafür die Teamkollegen einfacher Touchdowns machen können (grinst).

 

2015 hast Du mit Deinen Passfängen 1.232 Yards Raumgewinn für die Unicorns erzielt. Kannst Du die übertreffen?

Keine Ahnung. Kommt darauf an, wie viele Pässe ich bekomme (lacht). Es wird auf jeden Fall schwierig, weil wir dieses Jahr weniger Spiele als damals habe. Aber ich werde mal mit Quarterback Alex Haupert darüber reden.

 

   
   
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