Im April dieses Jahres ging ein Ära bei den Unicorns, im Haller Sport und in der deutschen Footballszene zu Ende: Jürgen Gehrke stellte sich nach über 30 Jahren an der Spitze der Schwäbisch Hall Unicorns nicht mehr zur Wiederwahl als Vorsitzender der TSG-Abteilung American Football. Wir blicken auf den Menschen Jürgen Gehrke, bei vielen besser bekannt als „Piewi“, und auf sein Wirken bei den Unicorns zurück.

 

„Sich mit 25 Jahren der Aufgabe eines Abteilungsvorsitzenden zu stellen, zeugt entweder von Unvernunft oder von Mut“, sagte TSG-Präsident Kurt Hocher in seiner Laudatio anlässlich der Verleihung des Schwäbisch Hall Bürgerpreises an Jürgen Gehrke und seinen Bruder Siegfried im Juni dieses Jahres. Und Hocher ergänzte: „Ich kann ganz klar sagen: Unvernunft war es nicht!“

 

Hocher hat damit zweifellos Recht, denn die erstmalige Wahl von Jürgen Gehrke zum Abteilungsvorsitzenden der Unicorns am 8. November 1991 war genauso wie die später folgenden 14 Wiederwahlen mindestens rückblickend ein überaus vernünftiger Schritt für die Abteilung und ihre Sportler. Ob es auch auf der Seite des Gewählten ein vernünftiger Schritt war, kann Jürgen wohl nur für sich selbst beurteilen. Mutig war er aber auf jeden Fall, auch wenn man 1991 noch nicht wissen konnte, wie sich die Unicorns in den folgenden 30 Jahren entwickeln und welche Herausforderungen dafür zu bewältigen sein würden.

 

Wer Jürgen Gehrke aber kennt, der kann sich nicht so recht vorstellen, dass er damals viel über den Mut nachdachte, der da aufzubringen war. Es ging darum eine Lücke zu schließen und die Nachfolge des Abteilungsleiters Robert T. Hoeckel anzutreten. Es ging darum Verantwortung für eine Sache zu übernehmen, die ihm am Herzen lag, die er weiter entwickeln wollte, in der er Potenzial für die Zukunft und ein spannendes Angebot für Jugendliche sah und in der er seine Vorstellung von Vereinsleben pflegen und weitertragen konnte. Kurz gesagt: Es ging darum anzupacken und nicht lange zu hadern, was dabei alles schief gehen oder schlecht laufen könnte. „Machen, nicht schwätzen!“ also. Damit hat Jürgen Gehrke in seinem Amt angefangen und so hat er es über 30 Jahre lang ausgefüllt.

 

Bereits im Jahr 1988 hatte der frühere Fußballtorwart mit dem Footballsport als aktiver Spieler begonnen und stand bis zur Saison 2000 auf dem Feld. Er durchlebte in dieser Zeit die Abstiege aus der 1. Bundesliga bis hinunter in die Oberliga, aber auch die Anfangsphase der Unicorns-Erfolgsstory, die 1995 mit dem Wiederaufstieg in die Regionalliga begann. Im letzten Jahr von Jürgens aktiver Karriere erreichte diese mit der Rückkehr der Unicorns in die inzwischen German Football League genannte höchste deutsche Spielklasse einen wichtigen Meilenstein. Im Trikot mit der Nummer 84 konnte Piewi in diesen 13 Jahren 310 Punkte für seine Unicorns erzielen, die meisten davon per Extrapunkt- und Fieldgoal-Kick denn als ehemaliger Fußballer war er beim Football nicht nur Receiver, sondern auch erfolgreicher Placekicker.

 

Dass Jürgen über viele Jahre gleichzeitig Abteilungsvorsitzender und Spieler sowie danach auch Coach war, hat der Entwicklung der Unicorns nur gut getan. Der Kontakt zwischen Vorstand und den Mannschaften war dadurch sehr eng, die Kommunikation lief auf kurzen Wegen. Was wem warum an welcher Stelle in der Abteilung wichtig war, war durch Jürgens Doppelrollen in der Abteilungsführung immer präsent. Auch wenn über die Zeit andere Organisationsformen notwendig wurden, blieb der direkte Kontakt zu den Teams für Jürgen immer wichtig. Nicht selten sah man ihn auf dem Trainingsplatz, auch wenn es nichts konkretes zu erledigen gab, einfach nur zum „Schwätza“.

 

Jürgen Gehrke ist ein Macher! Wenn es gilt anzupacken, dann packt er an! Manchmal vielleicht sogar zu oft, denn der Satz „Wenn es keiner macht, dann mache es eben ich“ hat Jürgen wahrscheinlich in den Genen. In 30 Jahren konnten sich viele bei den Unicorns darauf verlassen und wenn ein „Piewi, kansch mol bidde?“ reicht, dann kann das für andere auch einfach und bequem sein. Jürgen Gehrke kann aber nicht anders, denn es ging ihm in dem was der tat nie um sich, sondern immer um die Unicorns und um das „Machen“ eben.

 

Der Weg der Unicorns wäre sicher ein anderer gewesen, wenn man sich neben dem „Machen“ nicht auch ab und zu die Zeit für Konzepte, Ideen, Pläne und Strategien genommen hätte. Viel Papier, Präsentationen und abstrakte Modelle, also alles nicht unbedingt Jürgen Gehrkes Welt. Trotzdem erkannte Jürgen die Wichtigkeit und den Nutzen, der für die Unicorns daraus erwuchs. Er vertraute bei solchen Themen den Impulsen und der Kompetenz in seinem Vorstandsteam und das Team baute umgekehrt bei der Umsetzung auf ihn. Mit großem Erfolg, denn das Ergebnis, also die Unicorns wie sie heute mit all ihren Ausprägungen sind, kann sich wirklich sehen lassen!

 

Abgesehen von Bernd Marckwardt und Axel Streich, die Jürgen Gehrke über seine gesamte Amtszeit hinweg im Vorstand begleitet haben, hat er in den 30 Jahren mit 29 weiteren MitarbeiterInnen im Führungsgremium der Unicorns zusammengearbeitet. Ehrenamtliche MitarbeiterInnen zu gewinnen und zu motivieren sowie ihnen ein Umfeld zu bieten, in dem sie sich und ihre Ideen einbringen und entfalten können, auch das ist eine Stärke von Jürgen Gehrke. Das ist auch daran abzulesen, dass schnelle Wechsel in den Ämterbesetzungen selten waren. Meist machen Unicorns-Ehrenamtliche ihren Job über viele Jahre. Und das nicht nur im Vorstand, sondern auch in der großen Helferschar, der Unicorns-Familiy, um die sich besonders Jürgens Frau Alexandra über lange Zeit hinweg verdient gemacht hat und in der sich auch seine Kinder Amy und Tim engagieren. 

 

Fast schon ein Denkmal hat sich Jürgen mit dem Bau des OPTIMA Sportparks gesetzt. Zunächst war der sportliche Erfolg der Unicorns mit ausschlaggebend dafür, dass dieses Projekt von Seiten der Stadt überhaupt in Angriff genommen wurde. Dass der Sportpark aber heute so dasteht wie er es tut, das ist zu einem großen Teil Jürgens Verdienst. In der Bauphase hat der Zimmerermeister nicht nur selbst Hand angelegt, er hat auch den beiden Bauherrenvereinen TSG und Sportfreunde des Öfteren erklärt, wo der „Hammer“ hängt und was in welcher Situation zu tun ist.

 

Jürgen Gehrke bezeichnet sich selbst als einen Vereinsmenschen - und das ist er auch, im besten Wortsinn. Die Zusammenarbeit Gleichgesinnter im Team treibt ihn an. Seine Überzeugung: Nicht der Einzelne ist für den Erfolg der Unicorns verantwortlich, sondern wie auf dem Feld die ganze Mannschaft! Diesen Gedanken lebt er auch im Hauptverein der Unicorns, der TSG Schwäbisch Hall. Gedanken in Richtung einer Ausgliederung, die angesichts der Entwicklung der Footballabteilung von dem einen oder anderen gelegentlich gedacht wurden, hat er zusammen mit seinem Vorstandsteam immer eine Absage erteilt. Gemeinsinn vor Eigensinn!

 

Das gilt auch für sein Engagement im TSG-Hauptausschuss, in dem er seinem Amt des Gebäudebeauftragten des Vereins auch weiterhin treu bleibt. Die TSG weiß, was sie an ihm hat und die Delegiertenversammlung ernannte Jürgen Gehrke am 22. Juni 2022 einstimmig zum TSG-Ehrenmitglied.

 

Noch mehr als ihr Hauptverein TSG haben die Unicorns Grund dazu, Jürgen für sein außergewöhnlich großes Engagement, für sein Wirken in der Abteilung und darüber hinaus sowie für seine Freundschaft dankbar zu sein. Und sie sind es auch: PIEWI, VIELEN HERZLICHEN DANK!  

 

   
   
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